Selbstmitgefühl
Uns selbst mit Mitgefühl zu begleiten und heil zu werden.
Das ist das Geschenk, das uns SelbstMitgefühl gibt.
Wenn wir leiden, brauchen wir Mitgefühl. So wie jedes Kind, jeder Mensch Beistand, Trost und Mitgefühl braucht – in den Momenten der Trauer, des Scheiterns, bei allen schwierigen Gefühlen. Dieses Mitgefühl können wir uns selbst schenken. Wir können SelbstMitgefühl und Freundlichkeit für uns selbst entwickeln. Etwas, das wir einem guten Freund, einer guten Freundin selbstverständlich entgegenbringen. Stellen Sie sich vor, Sie lieben sich selbst so, wie den Menschen der ihnen am wichtigsten in ihrem Leben ist. Wie wäre ihr Leben dann?
Das Ziel von SelbstMitgefühl ist nicht dass es uns besser geht. Das Ziel von SelbstMitgefühl ist, dass wir lernen, freundlich zu uns selbst zu sein, wenn es uns schlecht geht. Wenn wir nicht zufrieden mit uns sind. Wenn wir enttäuscht über uns sind. Wenn wir Leid, wenn wir Schmerz erfahren. Wenn es uns dann möglich ist, nett zu uns zu sein, ist das ein Paradigmenwechsel in unserem Leben. Der meist bewirkt dass es uns besser geht.
Theoretischer Hintergrund zu SelbstMitgefühl
„Wer wahres Mitgefühl anderen gegenüber entwickeln möchte, muss sich selbst erst eine Basis schaffen, auf der er Mitgefühl kultivieren kann. Diese Basis ist die Fähigkeit, sich mit seinen eigenen Gefühlen verbinden und für sein eigenes Wohlergehen sorgen zu können. Um sich um andere kümmern zu können, ist es notwendig, für sich selbst zu sorgen.“
SH 14. Dalai Lama
Interview mit Chris Germer:
https://www.arbor-verlag.de/wie-wir-selbstkritik-selbstmitgefühl-umwandeln-und-wieso-das-gut-ist
Die drei Kernkomponenten des Selbstmitgefühls sind:
- Freundlichkeit mit uns selbst:
damit wir uns das geben können, was wir wirklich brauchen. - Ein Gefühl von Mitmenschlichkeit:
damit wir spüren, dass wir mit unseren Schwierigkeiten nicht alleine sind. - Ein ausgeglichenes achtsames Bewusstsein:
damit wir die Wellen des Lebens mit mehr Leichtigkeit und Akzeptanz annehmen können.
Neff, Germer
Selbstmitgefühl bedeutet, das eigene Leid wahr zu nehmen, mit dem tiefen Wunsch und Bestreben, dieses zu lindern.
Selbstmitgefühl kann als nach Innen gerichtetes Mitgefühl verstanden werden.
Neff & Germer 2013
Selbstmitgefühl ist in kontemplativen Lehren wie zum Beispiel dem Buddhismus als auch in der modernen Emotionsforschung ein spezieller Zugang zur Wirklichkeit bzw. eine geistige Ausrichtung. Ekmann, 2011
Selbstmitgefühl ist ein Lebenseinstellung die dabei hilft wenn das Leben schwierig ist, gut mit sich um zu gehen. Diese Lebenseinstellung steigert die Lebensqualität immens!
Eckmann/Dalai Lama, 2011
Achtsamkeit und Selbstmitgefühl ist ein paradoxer Vorgang: Dadurch dass wir unser Leid annehmen, nicht im depressiven selbstmitleidigen sondern im bejahenden annehmenden Sinne, ist Heilung möglich.
Wichtig für Achtsamkeit & Selbstmitgefühl ist auch der passende Zeitpunkt und die richtige Dosis. Wenn das Haus brennt, ist es zunächst hilfreich aus dem Haus zu laufen… . Wenn aber das Feuer unter Kontrolle ist, macht es Sinn, sich dem was da ist zu zuzuwenden. Sich dem, was da ist, mit Achtsamkeit & Selbstmitgefühl zu begegnen.
Die aller meisten von uns wünschen sich Menschen in unserem Leben die uns so lieben wie wir sind. Wir wünschen uns Menschen die uns auch vor allem dann lieben wenn es uns gerade nicht so gut geht.
Bei Achtsamkeit und Selbstmitgefühl schenken wir uns das selbst.
Was bringt Achtsamkeit & Selbstmitgefühl?
Durch Selbstmitgefühl werden automatisierte Verbindungen zwischen Wahrnehmung, Gedanken, Emotionen und Handlungsvorbereitungen wahrgenommen. Sie werden dadurch aufgebrochen.
Dadurch wird ein facettenreicheres Selbstbild bzw. auch mehr Selbstkomplexität ermöglicht. Die Entkoppelung des Denkens von unmittelbar ich-bezogenen Verarbeitungen bringt Symptomreduktion bei vielen psychischen Störungen.
Hierzu gibt es Studien zur positiven Wirkung von Selbstmitgefühl auf stressbedingte Erkrankungen wie Ängste und Depressionen bzw. Burnout.
MacBeth & Gumley 2012
Durch diese Entkoppelung ist ein Austausch von Verhaltensmustern, die durch rigide Einengung geprägt sind, zu einem humorvollen Umgang mit den Dingen des Lebens möglich. Unreflektierter Egoismus und Narzissmus können sich so zu einer reflektierten Form der Selbstliebe wandeln. Dadurch, dass schwierige Emotionen angenommen und besänftigt werden können, wird die eigene Lebenswirklichkeit bewusster wahrgenommen. Es eröffnet sich eine Möglichkeit, die Wurzeln unseres Leides konstruktiv zu bearbeiten, was mit dem, in der Verhaltenstherapie beschriebenen, Vorgang der Konfrontation – Löschung – Rekonsolidierung verglichen werden kann.
Boltz & Singer 2013
Des Weiteren kann durch Selbstgüte die Ausbreitung von negativen Emotionen bei der Wahrnehmung der negativ erlebten Gefühle eingedämmt werden. Es wird ein internes Sicherheitssignal gesetzt. Hiermit ist eine größere Fähigkeit zur Emotionsregulation wie zum Beispiel Selbsttröstung möglich. Selbstmitgefühl ermöglicht die Bereitschaft schwierige Gefühle als zulässig und wichtig anzuerkennen. Dadurch ist es leichter, sich selbst klar zu sehen sowie Verantwortung für gemachte Fehler zu übernehmen. Neue positive Emotionen der Selbstanteilnahme und Selbstverbundenheit werden durch die Annahme der negativen Emotionen erzeugt. Beide, positive und negative Emotionen können gleichzeitig erlebt werden.
Germer & Neff 2013
Durch Selbstmitgefühl verringert sich des Weiteren das Ausmaß an destruktiver Selbstkritik. Es gibt einen erleichterten Umgang mit chronisch körperlichen Schmerzen. Die emotionale Resilienz wird gesteigert, sowie eine größere Lern- und Entwicklungsmotivation.
Bei Selbstmitgefühl geht es um eine Entscheidung für ein Leben lang.
Wir können diese Lebensentscheidung wohl immer wieder vergessen, für Minuten, für Tage, selbst für ganze Lebensphasen. Wenn wir uns wieder daran erinnern, dass wir diese Entscheidung getroffen haben, sie dann immer noch für gut befinden, können wir jeder Zeit wieder mehr Selbstmitgefühl in unser Leben einbringen.
Achtsames Selbstmitgefühl ist für mich, etwas von mir zu spüren, weich zu dem gerade von mir Gespürtem hin zu atmen, und diesen Teil von mir freundlich und wärmend zu halten.
Ewald Pollheimer